Die Medical Device Regulation (MDR), oder auf Deutsch die Verordnung über Medizinprodukte, ist ein entscheidendes rechtliches Regelwerk in der Europäischen Union. Artikel 1 der MDR beschreibt den Gegenstand und den Geltungsbereich dieser Verordnung und klärt darüber auf, welche Produkte unter diese Regularien fallen und welche nicht. Für Hersteller, Händler und Anwender ist es wichtig, zu verstehen, welche Produkte von der MDR betroffen sind, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen erfüllt werden und die Produkte sicher auf dem europäischen Markt vertrieben werden können. In diesem Artikel werden wir detailliert darauf eingehen, welche Produkte in den Geltungsbereich der MDR fallen, welche ausgeschlossen sind und wie Medizinprodukte, die Arzneimittel enthalten, behandelt werden.
Produkte im Geltungsbereich der MDR
Die MDR wurde entwickelt, um die Sicherheit und Leistung von Medizinprodukten zu verbessern, indem strenge Vorschriften für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Überwachung von Medizinprodukten innerhalb der Europäischen Union eingeführt wurden. Im Rahmen dieser Verordnung werden Medizinprodukte wie folgt definiert:
Was gilt als Medizinprodukt?
Laut Artikel 1 der MDR umfassen die Produkte, die unter diese Verordnung fallen, „Medizinprodukte und deren Zubehör, die für den menschlichen Gebrauch bestimmt sind.“ Das bedeutet, dass sämtliche Produkte, die zur Diagnose, Prävention, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder Verletzungen am Menschen verwendet werden, im Geltungsbereich der MDR liegen. Beispiele für Medizinprodukte sind:
- Diagnosegeräte wie MRT-Scanner und Röntgengeräte
- Therapeutische Geräte wie Herzschrittmacher oder Insulinpumpen
- Chirurgische Instrumente wie Skalpelle oder Endoskope
- Verbandmaterialien und Implantate wie künstliche Gelenke oder Zahnimplantate
Darüber hinaus fallen auch „Zubehör für Medizinprodukte“ in den Geltungsbereich der MDR. Zubehör bezieht sich auf Produkte, die zwar selbst keine direkte medizinische Zweckbestimmung haben, aber in Verbindung mit einem Medizinprodukt verwendet werden, um dessen Funktion zu unterstützen oder zu ergänzen. Ein Beispiel hierfür wären Software-Anwendungen, die zur Steuerung oder Überwachung von medizinischen Geräten verwendet werden.
Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung
Ein bemerkenswerter Punkt der MDR ist, dass sie auch auf Produkte angewendet wird, die keine explizite medizinische Zweckbestimmung haben, aber dennoch potenzielle Gesundheitsrisiken bergen. Diese Produkte sind in Anhang XVI der MDR aufgeführt. Dazu zählen unter anderem:
- Körpermodifikationsgeräte wie kosmetische Implantate (z.B. Body Implants)
- Farblinsen ohne Sehkorrektur
- Haarentfernungslasergeräte für den häuslichen Gebrauch
- Bestimmte Geräte zur Fettabsaugung oder Hautstraffung
Für diese Produkte gelten ebenfalls die strengen Anforderungen der MDR, insbesondere in Bezug auf Risikomanagement und Sicherheitsbewertungen, um die Gesundheit und Sicherheit der Anwender zu gewährleisten.
Die Bedeutung der CE-Kennzeichnung
Produkte, die unter den Geltungsbereich der MDR fallen, müssen auch die Anforderungen für die CE-Kennzeichnung erfüllen. Die CE-Kennzeichnung zeigt an, dass ein Produkt den europäischen Sicherheits- und Leistungsstandards entspricht und ohne Einschränkungen auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht werden kann. Sie ist ein wesentliches Element der MDR und erfordert eine umfassende Konformitätsbewertung, die je nach Risikoklasse des Produkts variieren kann.
Für Hersteller bedeutet dies, dass sie alle relevanten Normen und Richtlinien einhalten müssen, um die CE-Kennzeichnung zu erhalten. Dazu gehört auch die Durchführung von klinischen Bewertungen und technischen Dokumentationen, die durch benannte Stellen überprüft werden. Für Produkte der höheren Risikoklassen wie Implantate oder invasive Geräte sind strengere Anforderungen an klinische Prüfungen und die Überwachung nach dem Inverkehrbringen zu erfüllen.
Produkte außerhalb des Geltungsbereichs der MDR
Obwohl die MDR einen weiten Geltungsbereich hat, gibt es auch mehrere Produkttypen, die von dieser Verordnung ausgeschlossen sind, da sie durch andere Regelungen oder Verordnungen abgedeckt werden. Diese Ausnahmen sind wichtig zu verstehen, um sicherzustellen, dass Produkte den richtigen regulatorischen Rahmen erfüllen. Folgende Produktarten sind gemäß Artikel 1 Abs. 6 der MDR von der Verordnung ausgenommen:
In-vitro-Diagnostika (IVD)
In-vitro-Diagnostika sind Produkte, die in Laborumgebungen zur Untersuchung von Proben (z.B. Blut oder Gewebeproben) verwendet werden, um Informationen über den Gesundheitszustand eines Patienten zu gewinnen. Diese Produkte fallen nicht unter die MDR, sondern unter die Verordnung (EU) 2017/746, die speziell für IVD entwickelt wurde.
IVD-Produkte spielen eine Schlüsselrolle im medizinischen Umfeld, da sie bei der Erkennung und Diagnose von Krankheiten helfen. Obwohl sie eine wichtige Funktion in der Gesundheitsversorgung erfüllen, gelten für sie separate Vorschriften, da ihre Risiken und der Grad ihrer Invasivität anders sind als bei typischen Medizinprodukten. Hersteller von IVD müssen ebenfalls umfangreiche technische Dokumentationen und klinische Daten bereitstellen, jedoch in einem anderen Rahmenwerk als das der MDR.
Arzneimittel
Arzneimittel, die unter die Richtlinie 2001/83/EG oder die Verordnung (EG) Nr. 726/2004 fallen, sind ebenfalls von der MDR ausgenommen. Wenn ein Produkt eine Hauptwirkung auf den Körper durch pharmakologische, immunologische oder metabolische Mittel entfaltet, wird es als Arzneimittel und nicht als Medizinprodukt klassifiziert. Dies ist ein wichtiger Unterscheidungsfaktor, da die regulatorischen Anforderungen für Arzneimittel erheblich von denen für Medizinprodukte abweichen.
Weitere Ausnahmen
Weitere Produkte, die von der MDR ausgenommen sind, umfassen:
- Transplantate, Gewebe und Zellen menschlichen oder tierischen Ursprungs, die unter die Richtlinie 2004/23/EG fallen
- Kosmetika, die unter die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 fallen
- Lebensmittel gemäß der Verordnung (EG) Nr. 178/2002
- Produkte, die aus lebenden Mikroorganismen, Pilzen oder Viren bestehen, sofern sie zur Erreichung ihrer Zweckbestimmung lebensfähig bleiben
Die Abgrenzung zu diesen Produktgruppen ist wichtig, da sie verschiedenen rechtlichen und regulatorischen Anforderungen unterliegen, die spezifisch auf ihre Risiken und Nutzen ausgerichtet sind.
Medizinprodukte mit Arzneimittelbestandteilen
Ein komplexer Aspekt der MDR ist die Behandlung von Medizinprodukten, die auch Arzneimittelbestandteile enthalten. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn ein Medizinprodukt zusätzlich einen Wirkstoff enthält, der für sich allein als Arzneimittel klassifiziert würde. Die Regelungen hierzu sind in Artikel 1 Abs. 8 der MDR beschrieben.
Arzneimittel mit unterstützender Funktion
Wenn der Arzneimittelbestandteil eines Medizinprodukts eine unterstützende Funktion hat, d.h. nicht die Hauptwirkung des Produkts ausmacht, wird das Gesamtprodukt als Medizinprodukt betrachtet und unterliegt der MDR. Ein Beispiel wäre eine mit einem Schmerzmittel beschichtete Wundauflage. In diesem Fall wird die Sicherheits- und Leistungsbewertung des gesamten Produkts nach den Anforderungen der MDR durchgeführt.
Die besondere Herausforderung bei solchen Produkten liegt in der richtigen Klassifizierung und der Überprüfung der Sicherheitsdaten sowohl für den Medizinproduktteil als auch für den Arzneimittelbestandteil. Für Hersteller ist es entscheidend, sicherzustellen, dass sowohl die klinische Bewertung des Produkts als auch die Nachweisführung über die unterstützende Funktion des Arzneimittels korrekt durchgeführt werden.
Arzneimittel mit Hauptfunktion
Anders ist die Situation, wenn der Arzneimittelbestandteil die Hauptwirkung des Produkts ausmacht. In einem solchen Fall wird das gesamte Produkt als Arzneimittel eingestuft und fällt unter die Arzneimittelrichtlinie 2001/83/EG. Ein Beispiel hierfür könnte eine Injektionsvorrichtung sein, die ein starkes Medikament abgibt. In solchen Fällen gelten für den Medizinprodukte-Teil des Produkts dennoch die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen der MDR.
Besondere Vorsicht ist auch bei Produkten geboten, die sowohl Arzneimittel als auch Medizinprodukte enthalten und als untrennbare Einheit auf den Markt gebracht werden, wie zum Beispiel bestimmte Kombinationsprodukte. Hierbei müssen die Anforderungen beider Regulierungen (MDR und Arzneimittelgesetzgebung) eingehalten werden.
Klinische Prüfungen und Marktüberwachung
Ein weiterer entscheidender Aspekt der MDR ist die Einführung strengerer Vorschriften für klinische Prüfungen und die Marktüberwachung. Produkte, die in den Geltungsbereich der MDR fallen, müssen umfangreiche klinische Daten nachweisen, um ihre Sicherheit und Wirksamkeit zu belegen. Dies gilt sowohl für neue Produkte als auch für bestehende Produkte, die auf dem Markt verbleiben möchten. Die klinische Bewertung ist ein kontinuierlicher Prozess, der nicht mit der ersten Inverkehrbringung endet, sondern auch nach der Markteinführung durch die Überwachung nach dem Inverkehrbringen fortgesetzt wird.
Die MDR verlangt, dass Hersteller regelmäßig Berichte zur Sicherheit und Leistung ihrer Produkte erstellen. Diese Berichte müssen Informationen über unerwünschte Ereignisse und die Sicherheit der Produkte im Laufe der Zeit enthalten. Dies trägt dazu bei, Risiken frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls Korrekturmaßnahmen zu ergreifen.
Fazit
Artikel 1 der MDR definiert klar, welche Produkte in den Geltungsbereich der Verordnung fallen und welche nicht. Es ist wichtig für alle Beteiligten im Gesundheitswesen, die spezifischen Anforderungen der MDR zu kennen, um sicherzustellen, dass die Produkte sicher und gemäß den geltenden Vorschriften auf den Markt gebracht werden. Produkte mit medizinischer Zweckbestimmung sowie Produkte, die keine direkte medizinische Funktion haben, aber potenzielle Gesundheitsrisiken bergen, unterliegen der MDR. Ausnahmen sind beispielsweise In-vitro-Diagnostika, Arzneimittel und Transplantate menschlichen oder tierischen Ursprungs.
Besondere Sorgfalt ist bei Produkten geboten, die sowohl Medizinprodukte als auch Arzneimittelkomponenten enthalten. Je nachdem, welche Funktion im Vordergrund steht, wird das Produkt entweder als Medizinprodukt oder als Arzneimittel eingestuft und muss die jeweiligen Anforderungen erfüllen.
Durch die strengen Anforderungen der MDR soll die Sicherheit von Medizinprodukten auf höchstem Niveau gewährleistet und die Gesundheit von Anwendern und Patienten in der Europäischen Union geschützt werden.
Originalartikel zum MDR Artikel 1
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